Im Frühjahr 1933 findet sich US-Finanzminister Morgenthau wie fast jeden Morgen bei Franklin Roosevelt ein. Die beiden Männer sind einander so vertraut, dass ihre Treffen mitunter im Schlafzimmer des Präsidenten stattfinden!
In ihrem Gespräch geht es um Hitlers Machteroberung und die Wirtschaftspolitik zur Überwindung der Großen Depression, die die Vereinigten Staaten 1929 erfasst hatte. Ihr Plan, der „New Deal“, beruht unter anderem auf einer gezielten Dollar-Abwertung gegenüber Gold – ein angsteinflößendes Unterfangen, das der Leiter der Haushaltsabteilung Lewis Douglas damals als „Ende der Zivilisation“ wertet.
Eines Tages, noch immer auf seinem Bett ruhend, sah „Roosevelt mich an und schlug eine Anhebung des Goldpreises um 21 Cent vor“, erinnerte sich Morgenthau später. „21 ist eine Glückzahl. Drei mal sieben“, fuhr der Präsident fort. Bis 1934 ließ das Duo den Dollar gegenüber dem Edelmetall bis um 69 % an Wert verlieren, was sogar Keynes aus der Fassung brachte, obwohl dieser den Goldstandard stets als allzu unflexibles „barbarisches Relikt“ kritisiert hatte! Im selben Jahr legte Roosevelt den Goldpreis endgültig auf 35 US-Dollar fest und machte ihn damit für die nächsten 34 Jahre zum Fixstern am Währungshimmel, bis 1971 das Bretton-Wood-Abkommen zu Grabe getragen wurde.
Aktuell verzeichnet Gold mit einem Kurs von fast 2.200 Dollar pro Unze ein Allzeithoch. Silber und seine wertvollen Schwestermetalle Platin und Palladium zieht es dabei mit in die Höhe, wobei Palladium am 6. März einen Kurssprung um 13 % schaffte. Die Industriemetalle (Kupfer, Aluminium, Zinn, Zink, Blei und in geringerem Maße Nickel) sind ebenfalls wieder im Aufwind, wenn auch nicht ganz so spektakulär.
Ist das barbarische Relikt womöglich zu teuer geworden? Nicht im Vergleich zum S&P500: Von 1920 bis heute konnte man mit einer Unze im Durchschnitt 1,4-mal den Index kaufen. Nun jedoch ist das Verhältnis aus Gold und dem S&P500 auf 0,4 gefallen, ein historisches Tief.
Mit ihrer zeitgleichen Hausse erzählen uns reale und finanzielle Vermögenswerte jedoch eine interessante Geschichte. Gegenüber den anderen Währungen bleibt der Greenback zwar stark (wenngleich der Dollarindex seit seinen Jahreshochs 2,3 % wieder abgeben musste), doch er verliert immer mehr an Boden, wenn man ihn in reale Vermögenswerte umrechnet. Mit jedem Tag, der vergeht, benötigt man mehr Dollar, um Edel- oder Industriemetalle, Öl oder Aktien zu kaufen.
Der Dollar ist der König unter den Währungen, doch Gold ist die Währung des Dollars. 1933 bemerkte der scheidende Präsident Herbert Hoover seinem Nachfolger Roosevelt gegenüber: „Wir haben Gold, weil wir unseren Regierungen nie voll und ganz vertrauen können.“ In gewisser Hinsicht sind die Märkte vielleicht gerade dabei, den beunruhigenden Widersprüchen zwischen Haushaltsdefiziten in Rekordhöhe und einem gemächlicheren Tempo bei der Rückführung der Fed-Bilanz, zwischen unmittelbar bevorstehenden Leitzinssenkungen und einer hartnäckigen Inflation zu begegnen, indem sie schlicht Roosevelts Werk weiterführen und mit der Realabwertung des Dollars die wirtschaftliche Gleichung unserer Zeit lösen. Womöglich ist die Aufgabe des Inflationsziels von zwei Prozent gegenüber der orthodoxen Auffassung von Geldpolitik das, was Roosevelts Maßnahmen einst für den Goldstandard waren: ein New Deal.
Thomas Planell, Fondsmanager und Analyst, am 8. März 2024.

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